Bad Doberan. Die Klingel schrillt durchs Treppenhaus. Es ist ein Kommen und Gehen am Sonnabend im Ehm-Welk-Haus in Bad Doberan. Viele Interessierte nutzen die Möglichkeit, das Wohnhaus des Schriftstellers an der Dammchaussee, in dem er seine letzten 16 Jahre verbrachte, zu besichtigen. In den kommenden anderthalb Jahren soll es saniert und zur Kultur- und Begegnungsstätte ausgebaut werden.
Heribert Koth steht in der Bibliothek Ehm Welks, dem Arbeitszimmer des Autors der Heiden von Kummerow. Er ist Mitglied im Freundeskreis Ehm Welk und kommt während der Besichtigung von 11 bis 15 Uhr aus dem Erzählen gar nicht raus. Der Bad Doberaner kann viele Anekdoten erzählen, hat Ehm Welk selbst gekannt. Seine Mutter, Erika Koth, war seit 1955 die Sekretärin des Schriftstellers, der 1966 starb. Nach dem Tod seiner Frau Agathe Lindner-Welk 1974 übernahm sie die Archivarbeit.
Erinnerungen an Ehm Welk
„Die Bibliothek ist ein literaturhistorisches Dokument“, sagt Heribert Koth. Sie demonstriere den geistigen Horizont des Schriftstellers, der zur Kaiserzeit geboren wurde, die Weimarer Republik erlebte, in der DDR gearbeitet hat. „Bertholt Brecht war damals zeitgenössische Literatur. Es war toll, dass man das hier lesen konnte.“ Während die Welks auf Lesereise waren, passten die Koths auf das Haus auf, kümmerten sich um den Hund, den Garten. „Es war toll, sich mit dem Hund zu beschäftigen, und in der Bibliothek habe ich auf dem Teppich gesessen und gelesen“, erinnert er sich. Ehm Welk habe seinen Lebensweg mitbestimmt. „Er hat mich ermuntert, Literatur zu studieren.“
Margret Ohm sowie Helmut und Margitta Tober hören ihm zu. Letztere sind in das neue Wohngebiet gezogen, zwischen Dammchaussee und Randstraße, das offiziell auch Ehm-Welk-Viertel heißen könnte, haben die Straßennamen bereits Bezug zum Schriftsteller. „Wir haben es bisher nicht hierher geschafft und wollten gerne gucken, bevor das Haus saniert wird“, sagt Margitta Tober. Beim Nachnamen blickt Heribert Koth interessiert. Der Chauffeur Ehm Welks hieß ebenfalls so. Eine Verwandtschaft konnte aber nicht ausgemacht werden.
Technik, Leitungen, Heizung werden erneuert
„Die Bibliothek bleibt, wie sie ist“, sagt Tourismuschefin Danielle Zimmermann. Während der Sanierungsarbeiten werde der Raum verplombt. Wenn alles andere fertig ist, soll hier der Fußboden erneuert werden. Der Leseraum, das frühere Wohnzimmer Ehm Welks, soll als solcher erhalten bleiben. Er werde auf den heutigen Stand gebracht, was Heizung und Technik angehe. Die Originaltüren im Haus würden abgeschliffen und aufgearbeitet.
Das Treppenhaus im Wohnhaus von Ehm Welk.
Quelle: Anja Levien
Ein Stockwerk höher befinden sich das ehemalige Schlafzimmer und Gästezimmer Ehm Welks. Ein kleiner Raum neben der Treppe diente zuletzt als Küche des Hausmeisters. Dieser lebte hier mit seiner Familie, als das Haus 1979 als kulturelle Begegnungsstätte an die Öffentlichkeit übergeben wurde. Das Schlafzimmer wurde zuletzt als Projektraum genutzt, soll künftig auch diese Verwendung finden.
Die Sanierung wird über das Förderprogramm „Leader“ der EU finanziell unterstützt. Das Haus wurde 1938 erbaut und ist dringend sanierungsbedürftig. An der Terrasse soll zudem ein behindertengerechter Zugang geschaffen werden. Die Toilette im Erdgeschoss werde ebenfalls barrierefrei ausgebaut.
Viel Diskussion um Zukunft des Hauses
Über die Zukunft des Hauses wurde in den vergangenen Jahren immer wieder diskutiert. Es gehört der Stadt, zuletzt war es an zwei Tagen in der Woche für die Öffentlichkeit geöffnet oder auf Anfrage. Durch das ehrenamtliche Engagement des Freundeskreises fanden hier Lesungen und Vorführungen statt.
Das Ehm-Welk-Haus in Bad Doberan an der Dammchaussee ist seit 1979 öffentliche Begegnungsstätte.
Quelle: Anja Levien
An den Veranstaltungen hält der Freundeskreis weiterhin fest. „Wir werden zwei Mal im Monat Veranstaltungen insbesondere am Nachmittag anbieten“, sagt Vereinsvorsitzende Ulla Golombeck. Die Nachmittage würden sehr gut angenommen. Ausweich-Veranstaltungsorte sind der Hengstenstall, die alte Lessingschule und das Johanniterhaus. Die nächste Lesung unter den Titel „Bei Hempels unterm Sofa“ mit Karsten Lieberam-Schmidt findet am 21. Februar, 19.30 Uhr im Hengstenstall statt.
Der Freundeskreis hatte immer wieder deutlich gemacht, dass das Ehrenamt an seine Grenzen stößt. Über die Fördermittel sollte auch eine Personalstelle finanziert werden. Das sei nicht mehr beantragt worden, da die Investitionskosten gestiegen waren, informiert Bürgermeister Thorsten Semrau. „Im Haushalt 2020 wird eine Personalstelle für das Ehm-Welk-Haus drin sein.“